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Editorial


Die Kampagne um Glyphosat und der dabei entstandene politische Druck auf die europäischen Institutionen hat anscheinend nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Die Kommission hat nunmehr einen Vorschlag für eine europäische Verordnung vorgelegt, mit der Transparenz und Nachhaltigkeit in Risikobewertungsverfahren in der Lebensmittelkette gestärkt werden sollen. Dabei soll auch in das Allerheiligste des Lebensmittelrechts, die sog. Basis-Verordnung (VO (EG) Nr. 178/2002) eingegriffen werden. In Erwägungsgrund 3 des Regelungsvorschlags wird dargestellt, dass die Risikokommunikation offensichtlich nicht effektiv genug sei und dadurch das Vertrauen der Verbraucher in die Ergebnisse des Risikoanalyseprozesses gefährdet sei. Dementsprechend müsse zukünftig eine kontinuierliche Risikokommunikation die Risikoanalyse begleiten, d.h. das Handeln der beteiligten Gremien muss permanent erläutert werden. Auch müsse die Transparenz des Risikobewertungsprozesses gestärkt werden.

Auf die insgesamt 40 (!) Erwägungsgründe folgt sodann ein neuer Abschnitt 1.a in Kapitel II der Basis-Verordnung, der Art. 8a bis Art. 8c umfasst. Dort werden die Zielsetzungen der Risikokommunikation geregelt, generelle Prinzipien festgelegt sowie ein allgemeiner Plan für die Risikokommunikation in Zusammenarbeit mit der EFSA, den Mitgliedstaaten und der interessierten Öffentlichkeit vorgeschlagen. Neben Eingriffen in die Organisationsstruktur der EFSA hinsichtlich der Berufung der wissenschaftlichen Experten durch ein Ergänzen des Art. 25 BasisVO werden sodann in Art. 32a bis Art. 32e weitere Regelungen für die Arbeit der EFSA geschaffen. Diese sieht z.B. in Art. 32a eine Beratungsmöglichkeit bei Antragsverfahren im Lebensmittelrecht, in Art. 32b ein Unionsregister für Studien, in Art. 32c eine Beteiligung der Öffentlichkeit, Kontrollmöglichkeiten von Studienzentren und – last but not least – die Möglichkeit für die EFSA vor, selber Studien durchzuführen oder in Auftrag zu geben, um wissenschaftliche Daten und Ergebnisse zu überprüfen. Auch werden die Regelungen zur Vertraulichkeit in Art. 39a bis Art. 39g neu geregelt. Insgesamt steht somit seit ihrer Verabschiedung im Jahre 2002 eine erste umfassende Überarbeitung der BasisVO an. Auch die spezialgesetzlichen Regelungen zu Zulassungsverfahren verschiedenster Stoffe werden angepasst. Der damit verbundene Gesetzgebungsvorgang, die Debatten auf öffentlicher und politischer Ebene, zwischen den Mitgliedstaaten, der Kommission und dem Europäischen Parlament werden die Welt des Stoffrechts in nächster Zeit nachhaltig beschäftigen. Es wird spannend!

Andreas Meisterernst Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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