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Editorial


Rechtzeitig zur Drucklegung unseres ersten Heftes im Jahrgang 2018 sind die Ergebnisse der Sondierungsgespräche von CDU, CSU und SPD für eine mögliche Neuauflage einer Koalitionsregierung bekannt geworden. Solche Sondierungspapiere sind naturgemäß noch keine Koalitionsverträge, wollen diese aber selbstverständlich vorbereiten und sind daher von großem wirtschaftspolitischen Interesse.

Liest man nun mit dem stoffrechtlichen Blick die öffentlich publizierten 28 Seiten durch, so tritt eine gewisse Ernüchterung ein. Eine positive Aufbruchstimmung für die Chemische und Chemie-nahe Industrie ist – außer unter dem vagen Oberbegriff der Digitalisierung – nicht wirklich zu finden. Wir lernen immerhin, dass in der EU die strategische Forschungspolitik gestärkt werden soll, eine offene und faire Handelspolitik gewollt ist und ­– geopolitisch besonders betont – mit einer kohärenten Afrika-Strategie, die Zusammenarbeit mit Afrika auf allen Ebenen ausgebaut werden soll. (Dem Stoffrechtler fällt dabei sofort auf der Schnittstelle zwischen Warenvertriebsrecht und sicherheitspolitischem Austrocknen von Krisenherden die neue Konfliktmineralienverordnung (EU) 2017/821 ein, die am 17. Mai 2017 verabschiedet worden ist. Ein Großteil dieser Verordnung tritt zwar erst 2021 in Kraft, bedarf dennoch eines großen Vorlaufs in den betroffenen Unternehmen, da allseits ein nicht unbeträchtlicher Implementierungsaufwand prognostiziert wird.)

Erst auf Seite 23 des Sondierungspapiers und unter dem Kapitelthema „Landwirtschaft“ finden wir einige politische Absichten mit stoffrechtlichem Bezug. So wollen die drei Parteien mit einer „systematischen Minderungsstrategie den Einsatz von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln deutlich einschränken mit dem Ziel, die Anwendung so schnell wie möglich grundsätzlich zu beenden“. Die an der Pflanzenschutzmittel-Zulassung beteiligten Behörden sollen mit zusätzlichem Personal ausgestattet werden, um die Zulassungsverfahren zügig durchzuführen. Beabsichtigt ist auch, für eine bessere Transparenz der Zulassungsverfahren für Wirkstoffe und Pflanzenschutzmittel auf EU- und nationaler Ebene zu sorgen. Erklärt wird auch die Absicht, die „Erkennbarkeit von tierischen Lebensmitteln, die über die gesetzlichen Vorgaben der Haltung hinausgehen, verlässlich, einfach und verbraucherfreundlich gestalten zu wollen“.

Im Kapitel „Klimaschutz, Energie und Umwelt“ findet sich praktisch nichts, was auf stoffrechtliche Initiativen deuten ließe – sieht man spiegelbildlich von der Selbstverpflichtung auf Maßnahmen zur Erhaltung der Biodiversität und eines „Aktionsprogramm Insektenschutz“ ab.

Viel Freude bei der Lektüre Ihrer neuen StoffR,

Ihr

Prof. Dr. Thomas Klindt

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