Skip to content

Editorial


Die letzte Ausgabe der StoffR zeigt erneut das breite Spektrum an, das die Zeitschrift im Laufe der Jahre zunehmend abbildet: von der EU-Biozid-Verordnung über das europäische und internationale Chemikalienrecht bis hin zu Spezialthemen wie der Stammzellenforschung und den Strafbestimmungen des Lebensmittelrechts.

Die extensive Auslegung des Biozidbegriffs der EU-Biozid-Verordnung ist der Gegenstand der Abhandlung von Krüger. Am Beispiel der phosphatbindenden Produkte zur Wasserpflege in Teichen und Aquarien legt er dar, dass aufgrund fehlender EU-weit einheitlicher Leitlinien oder sonstiger Orientierungshilfen bei den Überwachungsbehörden eine Tendenz zu einer extensiven Auslegung des Biozidbegriffs bestehe. Dies führe im konkreten Falle dazu, dass ein Teil der auf dem Markt befindlichen Erzeugnisse nunmehr als Biozidprodukt klassifiziert worden sei.

Eine weitere Thematik aus der EU-Biozid-Verordnung behandelt Stallberg in seinem Beitrag zum Zulassungsverfahren für biozide Wirkstoffe. Gemäß Unterabschnitt 1.1.3 von Anhang IV der Verordnung dürfen die Ergebnisse von Prüfungen am Menschen nicht herangezogen werden, um Sicherheitsabstände zu reduzieren, die auf Testdaten aus Tierversuchen beruhen. Der Autor wirft die Frage auf, ob die uneingeschränkte Anwendung dieser Bestimmung nicht rechtswidrig sei und verweist u.a. auf die Entstehungsgeschichte der Norm sowie die Vorschriften über die Erstellung des für die Zulassung geforderten umfassenden Datensatzes.

In den bisherigen Ausgaben der Zeitschrift StoffR ist in zunehmendem Maße über die Entstehung von Gefahrstoffregelungen in anderen Teilen der Welt referiert worden. Unabhängig davon, dass diese Regelungen leider nicht immer deckungsgleich sind, stellt sich die Frage nach der Generierung der Stoffdaten für die jeweiligen Systeme. Rectanus und Peters beschäftigen sich in ihrem Beitrag mit der naheliegenden Frage einer globalen Datenteilung und ihrer Einbeziehung in die entsprechenden Konsortialverträge. Dafür sprechen die Reduzierung von Studienkosten, die Vermeidung von Tierversuchen sowie widersprüchlicher Daten höchst unterschiedlicher Herkunft.

Einen Bericht über eine Konferenz zu wissenschaftlichen und rechtlichen Fragen der Stammzellenforschung an der Universität Basel enthält der Beitrag von Chmurec. Die derzeitigen Regelungen in der EU sowie der Schweiz waren ebenfalls Gegenstand der Erörterungen.

Besondere Aufmerksamkeit verdient die Anmerkung von Pauly zu einem ebenfalls in diesem Heft abgedruckten Vorlagebeschluss des Landgerichts Stade vom 15.3.2017. Sie beschäftigt sich damit, welche verfassungsrechtlichen Anforderungen an Blankettstrafgesetze zu stellen sind. Der Autor nimmt dabei Bezug auf frühere Vorlagebschlüsse des Landgerichts Berlin sowie des Amtsgerichts Potsdam in ähnlicher Sache, die bereits Gegenstand von Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts gewesen waren. Das Landgericht Stade hält § 58 Abs. 3 Nr. 2 des LFGB, der Bezug nimmt auf unmittelbar geltende Vorschriften aus Rechtsakten der EU und bezüglich der Strafvorschriften auf eine nationale Rechtsverordnung verweist, für unvereinbar mit dem Bestimmtheitsgrundsatz des Artikels 103 Abs. 2 sowie des Artikels 104 Abs. 1 Grundgesetz. Da vergleichbare Regelungen mit Rückverweisungsklauseln auch in anderen Gesetzen bestehen, dürfte die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf großes Interesse stoßen.

Dr. Bernd Stroemer

Export Citation